24. November 2020

Aus dem Landtag: Dr. Helmut Kaltenhauser, MdL

Bericht

Die Corona-Pandemie beschäftigt das Parlament.  Seit Beginn der Pandemie und dem lock-down im März geht es im Landtag in vielen Bereichen darum, wie wir den Branchen, die von den Corona-Maßnahmen besonders betroffen sind, helfen können. Hierzu wurden milliardenschwere Hilfsmaßnahmen durch den Bayerischen Landtag verabschiedet. Dazu zählt auch der BayernFonds. Mit Hilfe des BayernFonds sollen angesichts der Corona-Krise angeschlagene Unternehmen vor einem drohenden Konkurs bewahrt werden. Der Freistaat kann sich demnach vorübergehend an Unternehmen beteiligen. Außerdem können mit staatlichen Bürgschaften bzw. Garantien Kredite abgesichert werden. Eine für uns Liberale stets heikle Aufgabe. Um die Mittel aus diesem Fonds zu vergeben, hat der Landtag eine Kontrollkommission eingesetzt, die in der Regel geheim tagt, um Unternehmensinteressen zu wahren. Ich vertrete als Mitglied die FDP-Fraktion.

Während wir im Parlament bei finanziellen Hilfsmaßnahmen mitbestimmen, ist die Beteiligung des Parlaments bei den eigentlichen Eindämmungsmaßnahmen der Pandemie weiterhin nicht vorgesehen. Als FDP-Fraktion zweifeln wir mittlerweile an der Verhältnismäßigkeit vieler Maßnahmen (z.B. Gastronomieschließung, Beherbergungsverbot) und den damit fortdauernden Grundrechtseinschränkungen. Das haben wir mehrfach in der Debatte öffentlich mit eigenen Anträgen und Vorschlägen untermauert. Bereits im Mai forderten wir in einem Gesetzentwurf, dass das Parlament künftig über die pandemiebedingten Grundrechtseinschränkungen mitbestimmt.
Der Ministerpräsident lenkte zuletzt nur scheinbar ein, indem er Sondersitzungen des Landtags beantragte und damit die Maßnahmen zur parlamentarischen Diskussion stellte; eine direkte Abstimmung darüber erfolgte aber nicht. Eine echte Parlamentsbeteiligung sieht anders aus. Solange die gesetzliche Verankerung bei solchen Entscheidungen fehlt, kann der Ministerpräsident weiterhin Allgemeinverfügungen veranlassen. Dafür braucht er nicht die Zustimmung der Abgeordneten des Bayerischen Landtags, wobei die Juristen dies zunehmend kritisch sehen.

Im Juni erschütterte der Wirecard-Skandal die Finanzwelt. Da Wirecard immer als bayerisches Vorzeigeunternehmen galt, kam schnell die Frage nach der Verwicklung bzw. der Beteiligung der bayerischen Staatsregierung in den Skandal auf. Ich habe durch zahlreiche Anfragen zum Wirecard-Skandal als erster belegen können, dass Wirecard nicht nur im Bundestag, sondern auch in der Staatskanzlei lobbyiert hat. Noch immer gibt es unzählige offene Fragen in Bezug auf die Verbindungen zwischen Wirecard und der Staatsregierung. Allerdings weigert sich die Staatsregierung weiterhin hartnäckig, ihre vollständigen Kontakte zu Wirecard und deren Lobbyisten proaktiv offenzulegen. Aus diesem Grund habe ich, nachdem ich schon über 150 Fragen dazu gestellt habe, weitere 70 Fragen eingereicht, die hoffentlich in den nächsten Wochen mehr Klarheit bringen.

Mehr zu meinen Anfragen hier:

Capital

https://www.capital.de/wirtschaft-politik/wirecard-lobbyierte-auch-in-soeders-staatskanzlei

Süddeutsche Zeitung

https://www.sueddeutsche.de/bayern/aschheim-wirecard-kindler-herrmann-1.5053308

Im Dezember wird mich vor allem der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr beschäftigen. Der Entwurf ist vielversprechend. Nach der aktuellen Steuerschätzung hatte ich gefordert, auf Schulden über den bereits beschlossenen Sonderfonds Corona zu verzichten. Offensichtlich sind meine Worte bei der Staatsregierung angekommen. Ich begrüße es sehr, dass CSU und Freien Wähler im kommenden Jahr keine über den Sonderfonds Corona hinausgehende neuen Schulden planen. Damit folgen sie der FDP-Forderung und greifen auch unseren Vorschlag auf, notfalls auf die reichlich vorhandenen Reserven zurückzugreifen. Meine Interpretation: Offenbar läuft sich Ministerpräsident Markus Söder für das Amt des Kanzlerkandidaten weiter warm und will mit solider Finanzpolitik punkten. Davon profitiert Bayern. Zur Wahrheit gehört aber auch: Ohne die außerordentlich umfangreichen Nachtragshaushalte in diesem Jahr wäre eine weitere Neuverschuldung auch im kommenden Jahr nur mit harten Einschnitten zu vermeiden gewesen. Grundsätzlich sollten sich Haushalte deshalb an dem Prinzip 'Zielorientierte Ausgaben mit Wirkung' orientieren: Staatsausgaben müssen ziel- und wirkungsgenau geplant und umgesetzt werden. Das heißt: es muss klar definiert sein, was man erreichen will, es müssen Maßnahmen ergriffen werden, die genau auf dieses Ziel hinwirken, und es muss schon zu Beginn definiert sein, wie objektiv gemessen werden kann, ob bzw. wieweit das Ziel erreicht ist. Das gilt auf Landesebene genauso wie in den Kommunen. Leider gibt es aktuell dutzende Ausgabenposten, die seit Jahren völlig überdimensioniert sind und mehr einer Schaufenster-Politik dienen als dass sie sich am konkreten Bedarf orientieren.