9. März 2021
Virtueller Bezirksparteitag der FDP Unterfranken: Liberale bemängeln Krisenmanagement der Regierung
Der Bezirksparteitag der unterfränkischen Liberalen am Wochenende Stand ganz im Zeichen der Corona-Pandemie und fand daher, nach dem Parteitag im Mai letzten Jahres, bereits zum zweiten Mal virtuell im Internet statt.
„Die FDP fordert schon seit Mitte letzten Jahres eine klare Teststrategie. Diese muss die Öffnungen flankieren. Entsprechendes sieht auch der von der FDP-Bundestagsfraktion eingebrachte Stufenplan vor. Um schrittweise wieder in die Normalität zurückzukehren brauchen wir vor allem aber mehr Tempo beim Impfen.“, so der Bezirksvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Karsten Klein bei seiner Begrüßung.
Mit Blick auf die Beschlüsse der MPK am vergangenen Mittwoch wies Klein daraufhin, dass zwar zu begrüßen sei, dass sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sowie die Kanzlerin nun auch endlich auf Öffnungsschritte verständigt haben. Bei näherem Hinsehen zeige sich jedoch, dass es sich um eine Öffnungsfatamorgana handele: „viele werden nicht in den Genuss der aufgezeigten Öffnungen kommen“, so Klein.
Die Wirtschaftspolitik in der Krise von Peter Altmaier bezeichnete Klein als weder schnell noch verlässlich und schon gar nicht treffsicher. Auch hier leiste sich die Bundesregierung ein eklatantes Staatsversagen, wenn die versprochen Hilfen den Einzelhandel oder die Gastronomie erst Monate später erreichen. Der Vorschlag der FDP, eine negative Gewinnsteuer einzuführen, also die Verluste aus der Krise mit den Gewinnen der Vorjahre zu verrechnen, wäre ein unbürokratisches und schnelles Kriseninstrument, das die Unternehmen mit der nötigen Liquidität ausstatte, so Klein weiter.
Thomas Dauenhauer, Bezirksvorsitzender BHG Unterfranken / Dehoga Bayern, bezeichnete die Corona-Pandemie als größte Krise seit dem 2. Weltkrieg, die besonders die Gastronomie hart getroffen habe. Viele Betriebe würden sich momentan um ihre Zukunft bangen oder sind bereits von einer Insolvenz bedroht. Ferner unterstrich er die wichtige Rolle der Gastronomie für die bayerische Wirtschaft. Nicht nur in Bezug auf Beschäftigungszahlen und Steueraufkommen, sondern auch als Garant für lebendige Innenstädte und Lebensfreude. Für die Zeit nach der Pandemie fordert Dauenhauer für seine Branche den Abbau unnötiger Bürokratie, eine Flexibilisierung der Arbeitszeit und eine Entfristung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes.
Ralf Ludewig, Bezirksvorsitzender Ufr. Handelsverband Bayern, kritisierte in seinem Grußwort, dass die politischen Entscheidungsträger in Land und Bund die Zeit – immerhin mittlerweile über ein Jahr – nicht genutzt hätten, um intelligente Lösungen und Abläufe zu installieren, die ein Leben mit dem Virus und somit ein Ende des Lockdowns möglich machen würden.
Einig sind sich beide Verbandsvertreter beim Chaos um die Coronahilfen. Für viele Betriebe kämen diese entweder zu spät oder würden einfach nicht ausreichen um zu überleben. Weiter fordern beide Öffnungsperspektiven sowohl für Gastronomie als auch den stationären Einzelhandel. Beide Branchen hätten bereits frühzeitig funktionierende Hygienekonzepte entwickelt und umgesetzt. Zudem hätten weder Handel noch Gastronomie sich als Pandemietreiber erwiesen.
Der Fraktionsvorsitzende der FDP im Bayerischen Landtag, Martin Hagen MdL, unterstrich in seiner Rede, dass die bayerischen Liberalen viele Dinge, die nun umgesetzt oder geplant werden, bereits zu Beginn der Pandemie gefordert hätten. Durch die damalige Ablehnung wichtiger Vorschläge wie ausreichender Tests, Augenmaß bei den Maßnahmen und der Ausarbeitung eines Stufenplans zur Rücknahme von Einschränkungen sei wichtige Zeit verschenkt worden. Für die Zukunft wünscht sich Hagen eine Abkehr von der alleinigen Betrachtung der Inzidenzwerte als Maßstab für Verbote oder Lockerungen. Ziel aller Maßnahmen müsse es sein, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Dies geschieht am besten durch den Schutz vulnerabler Gruppen. Weiter warnte Hagen davor, die jetzt in einer medizinischen Notlage getroffenen Grundrechtseinschränkungen und Maßnahmen als Lösung in anderen politischen Bereichen zu sehen. Erste „Begehrlichkeiten“ seien hier im Klimaschutz, beim Aussetzen der Schuldenbremse oder bei der Überwachung der Bürger bereits zu erkennen.
Einen Ausblick auf den anstehenden Bundestagswahlkampf gab der Landesvorsitzende der Bayerischen FDP, Daniel Föst MdB, in seinem Grußwort an die unterfränkischen Liberalen: Ein sehr wichtiges Thema im kommenden Bundestagswahlprogramm wird ein neuer Aufbruch für Deutschland sein. Dies betreffe alle Bereiche: sowohl die Digitalisierung im Bereich der öffentlichen Verwaltung und im Bildungsbereich, einen Neustart der Wirtschaft, eine Stärkung der Innovationskraft des Landes und die Begeisterung etwas erschaffen und vorantreiben zu können.
Ein weiterer wichtiger Punkt wird sein, die Balance zwischen Staat und Bürger wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Statt Verbote und Vorschriften zu formulieren, wollen die Liberalen Parlamente und den Menschen wieder in den Mittelpunkt stellen. „Die einzige Partei, die diese Themen glaubhaft vertreten kann und die richtigen Konzepte hat, sind wir, die Freien Demokraten“, so Föst. „Wir trauen dem Menschen zu, selbst Architekt seines Lebens zu sein.“ Als Ziel für die Bundestagswahl nennt Föst die Beteiligung an der nächsten Bundesregierung: „wir treten an, um zu regieren.“ Positiv sieht Föst die Mitgliederentwicklung: zum Landesparteitag Ende März wird man wahrscheinlich den höchsten Mitgliederstand seit 50 Jahren verkünden können.
In der Antragsberatung fordern die Liberalen unter anderem eine Stärkung des Digitalisierungsstandortes Unterfranken. Ziel muss die Schaffung eines Hightech-Clusters zusammen mit Unternehmen, Hochschulen und den digitalen Gründerzentren sein. In einem weiteren Antrag sprechen sich die Freien Demokraten dafür aus, die Generationengerechtigkeit auch in der Krise nicht aus den Augen zu verlieren. Dies betrifft sowohl die Bereiche Bildung, Sport und Freizeit als auch die Neuverschuldung. Ferner fordert man zielgerichtete und schnelle Hilfen für die Wirtschaft.
In weiteren Anträgen fordern die Liberalen, die heimische Landwirtschaft durch Bürokratieabbau zu stärken und sprechen sich für ein Verbot biometrischer Massenüberwachung in Europa aus.